Das ist die beunruhigende Wahrheit hinter den „Rekordzahlen“, die LinkedIn Quartal für Quartal meldet. Du hast sicher schon davon gehört, dass das Unternehmen mit 1,2 Milliarden Mitgliedern und stetig steigenden Nutzerzahlen prahlt. Doch was steckt wirklich dahinter, wenn Kommentare um 30 % und Video-Uploads um 20 % steigen? Ein genauerer Blick offenbart, dass diese Zahlen nicht immer so organisch sind, wie es scheint.
LinkedIn und die ewige Erfolgsmeldung
Jedes Mal, wenn Microsoft, die Muttergesellschaft von LinkedIn, ihre Quartalszahlen veröffentlicht, klingt die Geschichte gleich: „LinkedIn verzeichnet Rekordwerte beim Engagement.“
Das klingt beeindruckend, aber wenn man genauer hinsieht, stellt sich eine Frage: Kann eine Plattform wirklich jedes einzelne Quartal neue Engagement-Rekorde aufstellen? Das ist kaum vorstellbar. Natürlich kommen ständig neue Mitglieder hinzu, was zu mehr Interaktionen führt. Aber es gab auch Rückschläge, wie der Verlust von 54 Millionen Nutzern, als die App 2021 in China abgeschaltet wurde. Das hätte die Zahlen eigentlich dämpfen müssen.
Doch die jüngste Bilanz von Microsoft bestätigt einmal mehr, was wir schon gewohnt sind. LinkedIn verzeichnete ein Umsatzplus von 9 % und ein Sitzungswachstum von 7 %, begleitet von den üblichen „Rekordwerten beim Engagement.“
Videos und Kommentare im Fokus
Zusätzlich zu diesen oberflächlichen Statistiken liefert LinkedIn auch etwas detailliertere Einblicke. Das Unternehmen gibt an, dass Kommentare um über 30 % gestiegen sind und Video-Uploads sogar um mehr als 20 %. Das zeigt, dass direkte Interaktionen zunehmen und Videoinhalte für die Nutzer immer wichtiger werden.
Tatsächlich berichtet LinkedIn, dass Videos 20-mal häufiger in der App geteilt werden und 1,4-mal mehr Engagement generieren als andere Beitragsarten. Das solltest du unbedingt bei deiner eigenen Content-Strategie berücksichtigen.
Die Mitgliederzahl ist inzwischen auf 1,2 Milliarden gestiegen, ein Zuwachs von 200 Millionen innerhalb eines Jahres. Aber Vorsicht, hier ist eine wichtige Unterscheidung zu treffen: Mitglieder sind nicht dasselbe wie aktive Nutzer. Die monatlich aktive Nutzerbasis, die sogenannten MAUs (Monthly Active Users), liegt Schätzungen zufolge eher bei etwa 400 Millionen.
„Rekord-Engagement“ und „1,2 Milliarden Mitglieder“ klingen natürlich besser als „leichtes Engagement-Wachstum“ und „400 Millionen MAU“. Microsoft ist nicht verpflichtet, die Zahlen transparenter zu machen, aber das Vorgehen kann leicht in die Irre führen, was die tatsächliche Performance der Plattform angeht.
Der Schatten der Engagement-Pods
Viele LinkedIn-Nutzer berichten von einer Zunahme an automatisierten Interaktionen und sogenannten Engagement-Pods. Das sind koordinierte Gruppen von Nutzern, die sich gegenseitig mit Likes und Kommentaren unterstützen, um die Reichweite ihrer Beiträge künstlich zu steigern.
Es gibt zahlreiche Plattformen, die solche Pod-Dienste anbieten. Daten zeigen, dass diese künstlichen Interaktionen auf LinkedIn weit verbreitet sind. Ob das im Verhältnis zur Gesamtzahl der Nutzer ein großes Problem ist, lässt sich schwer sagen, aber die Fülle an künstlichem Engagement ist spürbar und wird durch den Einsatz von KI-Tools immer schwerer zu erkennen.
Hinzu kommt, dass viele Social-Media-Coaches ihre Kunden dazu anregen, so viel wie möglich zu kommentieren und zu interagieren. Auch das könnte indirekt zu dieser Art von Aktivität beitragen.
LinkedIn ist sich dieses Problems bewusst. In einem Gespräch mit den Verantwortlichen wurde klar, dass das Team aktiv an der Verbesserung seiner Erkennungs- und Durchsetzungsmaßnahmen arbeitet. Bei Entdeckung wird die Reichweite solcher Beiträge reduziert. Zusätzlich will LinkedIn die Ersteller von Inhalten darüber aufklären, warum sie diese Praktiken vermeiden sollten.
Darüber hinaus ergreift das Unternehmen rechtliche Schritte gegen Engagement-Pods, die seine Nutzungsbedingungen verletzen. Auch wenn die Koordination oft außerhalb der Plattform stattfindet, ist LinkedIn über die existierenden Dienste im Bilde.
Im Großen und Ganzen ist LinkedIn sich der Bedenken bewusst. Auch wenn es für dich als Nutzer frustrierend sein mag, der seine Präsenz auf ehrliche Weise aufbauen will, und es so scheint, als würde LinkedIn nicht genug tun, um das Problem zu lösen (manche meinen, die Plattform profitiert von dem künstlichen Engagement), wird das Thema ernst genommen.
KI und die Zukunft von LinkedIn
Microsoft investiert massiv in OpenAI und bringt die KI in alle Bereiche von LinkedIn. Die Plattform plant, „KI in jeden Teil der LinkedIn-Erfahrung zu integrieren.“ Dazu gehören zum Beispiel KI-gesteuerte Bots, die Aufgaben übernehmen können, und generative KI-Tools zur Unterstützung bei der Erstellung von Beiträgen und Profilen.
Diese Entwicklung wirft allerdings die Frage auf, ob sie das Problem des künstlichen Engagements nicht noch weiter verschärft. Mit dem massiven Einsatz von KI ist auch ein Anstieg von KI-generierten Interaktionen zu erwarten.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Performance von LinkedIn solide wirkt. Es gibt mehr Engagement, insbesondere bei Videoinhalten. Gleichzeitig muss das Problem der künstlichen Interaktionen angegangen werden. Trotzdem bleibt LinkedIn die zentrale Plattform für berufliche Vernetzung und ein wichtiges Werkzeug in einem schwierigeren wirtschaftlichen Umfeld.